
Wer auf der Bundesautobahn 1 den Abschnitt zwischen dem Bremer Kreuz und dem Buchholzer Dreieck asolviert, findet sich zunehmend in
Baustellen wieder. Nicht, dass man sich darüber aufregen könnte, dass die
Geschwindigkeitsbegrenzung innerhalb dieser mit 80 km/h veranschlagt wird, treibt einen vielmehr das Verhalten einiger Autofahrer in den Wahnsinn. Ein Abend im
Kabarett ist relativ teuer. Wer kostenlosen Spaà möchte, sollte sich auf die A1 begeben und nicht ärgern, sondern wundern. Gerade Soziologen sollten hier genügend Material für ausgedehnte ethnologische Studien finden. Es gilt allerdings zu beachten, dass man viel Zeit mitbringen sollte, wenn man sich am Freitag PMttag auf besagten Asphalt begibt…

Die Baustellen auf der A1 sind ein Mikrokosmos, der bei genauem Hinsehen einen kleinen Rückschluss auf das menschliche Verhalten zulässt. Da gibt es einerseits “die Ungeduldigen”: Diese Spezies beginnt spätestens ab der zweiten Baustelle damit, mit einem Audi A4 bewaffnet, an dem zumeist ein Hamburger Kennzeichen prangt, Jagd auf schreckthafte Damen zu machen, die gerade ihren Fiat Punto oder Renault Twingo spazieren fahren – in der Rushhour wohlgemerkt – und diesen nach erfolgreichem Drängelmanöver eine Zigarettenkippe vor den Bug zu schnippsen. Dem Begriff der “Ellenbogengesellschaft” kann an dieser Stelle eine groÃe Bedeutung beigemessen werden. Ein weiterer Fahrertyp lässt sich als “Der Unaufmerksame” identifizieren. In diesem Zuge sei auf gelbe Nummernschilder gesondert hingewiesen. Mit dem Handy in der Hand oder mit einem von drei Kindern beschäftig, neigt der Unaufmerksame dazu einfach mal unvermittelt in der Baustelle hinter einem Lkw auszuscheren und dem Ungeduligen zum Opfer zu fallen. Dieses Verhalten kommt dem zweier älterer Damen gleich, die sich im Eingangsbereich eines Supermarktes auf ein angeregtes Gespräch über Mürbeteig konzentrieren; ungeachtet dessen, das es auch andere Leute gibt, die sich nur mal schnell eine Tiefkühlpizza kaufen wollen. Im Falle des Unaufmerksamen reicht jedoch oft ein kleiner Hinweis aus, dass man gern passieren würde. Brisant wird die Situation in Baustellen jedoch erst, wenn sich zu den vorher Genannten “der Ôngstliche” gesellt. Baustellen sind eng und wer sich nicht traut einen Lkw zu überholen, sollte es auch bitte gar nicht erst versuchen, da dies nur zu Frustrationen bei den nachfolgenden Fahrzeuglenkern führt. Weiterhin ist der Stressfaktor für einen Ôngstlichen selbst so hoch, dass er Gefahr läuft zu kollabieren. Es ist schlichtweg nervig, wenn jemand immer wieder zum Ãberholen ansetzt, um dann doch nach einer halben Stunde aufzugeben und sich wieder hinter besagtem Brummi einzureihen. Dazu kommt, dass in Verbindung mit dem Ungeduldigen und dem Unaufmerksamen ein hohes Unfallpotential geschaffen wird – abgesehen von ewig langen Rückstaus. Selbstverständlich gibt es auch “den Unbeteiligten”, also rücksichtsvollen Verkehrsteilnehmer, der einfach nur am StraÃenverkehr teilnimmt, beobachtet und über das Verhalten der anderen missbilligend den Kopf schüttelt. Diese Spezies sei hier jedoch nur am Rande und der Vollständigkeit halber erwähnt. Liebe Autofahrer, überdenkt Euer Verhalten ein wenig. Fahrt die Ellenbogen ein, achtet ein wenig auf Eure Umwelt und versucht nichts, von dem ihr meint, dass es sowieso nichts wird. Nur so lässt sich die Lage bis zur Fertigstellung des sechsspurigen Ausbaus der A1 zwischen Bremen und Hamburg einigermaÃen unbeschadet überstehen. (Fotos:
Christian Kaiser)